Südspanien

geschrieben am 23. August 2013 in Tafraoute, Marokko

Schon sind 2 Monate verstrichen, seit meinem ersten Unterwegsbericht. Damals noch bei Steiner`s in Portugal, mit Ziel Marokko. Armand, ein Afrika-erfahrener Franzose, hat uns dann geraten, erst nach Ende des Islamischen Fastenmonats Ramadan in Marokko einzureisen. Es sei sehr mühsam, am Tage sich mit Lebensmittel, Diesel u.s.w. einzudecken, weil tagsüber das öffentliche Leben praktisch stillsteht und viele Geschäfte geschlossen haben. Also beschlossen wir, erst am 08. August nach Afrika überzusetzen, und stattdessen den ganzen Monat Juli noch in Spanien zu verbringen. Keine schlechte Entscheidung. Spanien hat uns in dieser Zeit einiges an Überraschungen geboten. Zu erwähnen wären da z.B. die Nationalparks Sierra Carzola/ Sierra Segura. (Falls du mal in Spanien bist und der Costa del Sol überdrüssig, ein „Geheimtip“). Wir waren jedenfalls beide sehr begeistert von Fauna und Flora. Oder die Sierra Nevada. Mitten in Spanien ein Gebirge, mit den Bergen Mulhacen (3479 m) und Pico Veleta (3392 m). Start in Grenada bei 35 Grad im Schatten. Eine gute halbe Stunde Autofahrt und man ist auf 2500 m Höhe mitten in einem Winterskigebiet. Viele Europäische LKW und Autohersteller (MAN, Mercedes, Fiat, BMW, Mini u.s.w) benutzen übrigens diese gut ausgebaute Bergstrecke, um ihre neusten Fahrzeuge und deren elektronische Komponenten  auf Herz und Nieren zu testen. Für Erlkönigjäger deshalb ein gefundenes „Jagdrevier“.

Wir andererseits testeten uns und unsere Fahrräder, indem wir damit den Pico Veleta unter die Räder nahmen. Bis auf 3200 m mit dem Velo problemlos möglich, den Rest zu Fuss gut zu machen.

Sierra Nevada, am Fuss des Pico Veleta

Absicht oder Unfähigkeit?

Zurück nach Granada, berühmt für die Alhambra. Ein „muss“ für jeden Touristen. Das Eintrittsystem zugleich eine Zumutung für jeden normal funktionierenden Besucher. Morgens um 9 Uhr  ¾ Stunden anstehen (ohne Schatten) für ein Billett. Dann beim Eingang erfahren, dass das Billett erst Punkt 14 Uhr gültig ist, um dann etwas später eher zufällig rauszufinden, Zutrittsberechtigung damit nur bei Eingangspforte F (ca. 20 Minuten Fussmarsch vom Haupteingang). Um 14 Uhr dort wiederum anstehen (ohne Schatten), weil die um 13.30 Uhr  Zutrittsberechtigten leider beim falschen Eingang waren und deshalb erst jetzt beim richtigen Zugang eintreffen. Und das Ganze, nach Auskunft erfahrener Besucher, wiederholt sich Tag für Tag. Den Organisatoren scheint das egal zu sein, oder -Sorry- sie können`s einfach nicht besser. Aber hallo - ist man hingegen erst mal drin im Palast, ist`s wie im Märchen aus 1001 Nacht. Und man sagt am Schluss trotz alldem, es hat sich gelohnt.

Grazamela

ein kleines verschlafenes Dorf in den Bergen Südspaniens. Ausser jeweils am dritten Montag im Juli. Dann ist dort der wilde Stier los. Bitte wörtlich nehmen. Alle Dorfausgänge werden hermetisch abgeriegelt, so dass in den Dorfgassen ein enges, geschlossenes Labyrinth entsteht. Wenn ein Böllerschuss ertönt, wissen alle Eingeweihten, dass jetzt irgendwo im Dorf ein bis aufs Blut gereizter Bulle losgelassen wird. Eine Welle von rennenden Menschen vor sich hertreibend, versucht er alles auf die Hörner zu nehmen, was im in die Quere kommt. Seinen eigenen Mut beweist man, indem man sich, natürlich so spät wie möglich aber immer noch rechtzeitig, in einer Hausnische oder mit einem Sprung an die vergitterten Fenster in Sicherheit bringt. Blöd halt, wenn alle Nischen und Fenster schon von den weniger mutigen in Beschlag genommen wurden. Dann kommt schon etwas Panik auf. Wechselt der Stier die Richtung, dasselbe wieder in die andere Richtung. Und mitten drin zwei Ahnungslose, zufällig vorbeigekommene Reisende aus der Schweiz.

Spanien im Hochsommer

ist a) an der Mittelmeerküste überfüllt mit sonnenhungrigen Touristen, b) im Landesinneren touristisch gesehen klinisch tot. Das führt zu allerlei komischen Begebenheiten. Auf unserer intensiven Suche nach einer Übernachtungsinfrastruktur mussten wir zuerst erstaunt, dann genervt feststellen: Es ist nicht immer Campingplatz drin, wo Campingplatz draufsteht. An einem Tag sieben offizielle Plätze angefahren, keiner offen. Alle ausser Betrieb, geschlossen oder nicht mehr Vorhanden. Andererseits der Versuch der Inlandbevölkerung, wenigstens etwas vom lukrativen Kuchen abzubekommen. So zum Beispiel Jüzcar, das „Schlumpfdorf“. Da hat doch tatsächlich das ganze Dorf einhellig beschlossen, ihre Häuser ausnahmslos von oben bis unten rundherum blau anzumalen, und sich sodann als Dorf der Schlümpfe den Touristen anzubieten. Obwohl ich beim besten Willen noch keinen Bezug dieses Dorfes zu den Schöpfern der Schlümpfe herrausfinden konnte, gibt der Strom der heraufkommenden Touristen den Ideengebern immerhin recht.   

das Schlumpfdorf

Gibraltarder Affenfelsen

Dann ist da noch der „Staat“ Gibraltar, auch so ein komisches Ding. Bestehend aus dem imposanten Felsen, ist Gibraltar an der engsten Stelle zu Spanien geschätzt 1.5 km breit. Diese Breite ist zugleich Grenze zu Spanien, bestehend aus einer durchgängig ca. 200 m Breiten Betonpiste, die wiederum Start- und Landebahn des Flughafens Gibraltar ist. Unmittelbar nach passieren der Zollgrenze also, besetzt mit echten britischen Zollbeamten, überquert der ganze Verkehr bestehend aus Fussgängern, Hunden, Radfahrer, Autos, Reise- und Verkehrsbusse die Rollbahn. Nähert sich ein Flugzeug oder ist bereit zum Start, wird der Grenzverkehr aufgehalten, die letzten Fussgänger von der Landebahn getrieben, um kurz darauf wieder Grünlicht zu geben. Jenseits der Piste ist es dann auf einen Schlag verry, verry British. Die Bars heissen plötzlich Pubs mit Namen Stuart Inn, Horseshoe oder Admiral Nelson. Una Cerveza wird nicht mehr verstanden und das Bier (natürlich Guinness) wird mit englischen Pfund bezahlt.

Nach diesem Abstecher bemühten wir uns dann um Fährtickets für die Überfahrt nach Marokko. Am 08.August verliessen wir eine uns vertraute Mentalität und Kultur, kehrten Europa den Rücken zu, um das Abenteuer Afrika zu beginnen. Mehr dazu in meinem nächsten Unterwegsbericht, der  - Inschallah! - in den nächsten Tagen entstehen wird. Bis dann wünschen wir euch alles Gute, bleibt Gesund!

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